Auch mein Frauchen möchte mal zu Wort kommen - ich habe ihr hier ein bisschen Platz gelassen.
Liebe Leser und Leserinnen,
den Hund mit zur Arbeit nehmen - ein Traum! Ja, ich kann nur sagen, es ist wirklich toll, den ganzen Tag von seinem "besten Freund" begleitet zu werden. Ein Hund in der Klasse wirkt sich unglaublich positiv auf das Klassenklima aus, auf die Beziehung zu den Schülerinnen und Schülern und nicht zu vergessen: Es macht einfach Spaß!
Ich sehe unglaublich gern, wenn Blade sich von Schülerinnen und Schülern streicheln und kraulen lässt, wie er jeden einzelnen (unaufgefordert) begrüßt und wie er und die Schülerinnen und Schüler sich an der gemeinsamen Interaktion erfreuen. Auch Fördereinheiten mit Hund machen uns riesigen Spaß!
Da das Landesbildungszentrum für Blinde direkt an der Eilenriede liegt, machen Blade und ich immer nach der Schule einen großen Spaziergang durch den Wald, das ist herrlich für uns beide, um nach der Arbeit "runterzukommen" und zu entspannen. Es ist unglaublich schön, sein Hobby mit der Arbeit in Einklang bringen zu können!
Es ist auch wahnsinnig viel Arbeit! Ein Schulhundkonzept muss geschrieben werden. Genehmigungen müssen eingeholt werden, der Hygieneplan muss beachtet werden und Eltern um Einverständnis gebeten werden. Regelmäßige Tierarztkontrollen inklusive Kotproben zur Vermeidung von Zoonosen sind erforderlich. Die gemeinsame Ausbildung zum Schulhundteam hat sehr viel Zeit für Seminare, Training und Theorielernen in Anspruch genommen. Und damit ist es noch nicht getan: Jede Fördereinheit muss vorbereitet und auch hinterher nachtrainiert werden, um Signalkontrolle zu gewährleisten. Dazu kommt, dass Blade ein sehr lernfreudiger Hund ist - in der Interaktion mit Schülerinnen und Schülern sowie Kolleginnen und Kollegen lernt er auch gern "Bladesinn", der dann wieder abtrainiert werden muss. Es ist also nicht damit getan, den Familienhund einfach mit in die Schule zu nehmen, sondern es ist mit viel Arbeit verbunden. Und die Verantwortung ist groß: den Schülerinnen und Schülern gegenüber und auch dem Hund gegenüber, den ich vor Stress und Übergriffen schützen muss. Und neben der Arbeit, die ein Projekt "Schulhund" macht, sollte man auch nicht vergessen: Man nimmt ein Stück seines Privatlebens mit zur Arbeit. Man muss gewillt sein, seinen Hund, seinen "besten Freund" mit SchülerInnen und KollegInnen zu "teilen". Ich muss also als Hundebesitzer damit leben (können), dass Blade zwar eine gute Bindung zu mir hat, aber eben auch Beziehungen mit Schülerinnen und Schülern sowie Kolleginnen und Kollegen eingeht und ihnen "Liebesbeweise" und Zuneigung schenkt. Ich persönlich freue mich darüber! So ist Blade zum Beispiel auch ab und zu "Logopädie-hund" - ich weiß nicht, warum, aber wenn "unsere" Logopädin im Nebenraum mit einem Schüler/ einer Schülerin arbeitet, möchte Blade dort immer auf dem Teppich liegen und zuschauen. Da ist Frauchen erst mal abgeschrieben. Na gut, dann mache ich eben Mathe oder Deutsch mal ohne Hund und schaue ab und zu durch die Fensterscheibe rüber (und freue mich, dass Blade "seine" Logostunde genießt.)
Blade ist ein toller Hund, der nicht nur eine gute Grunderziehung hat, sondern auch ein tolles Gespür für Stimmungen und eine wahnsinnig gute Arbeitseinstellung. Er gibt sich unglaublich Mühe, zu gefallen, hat Spaß am Training und an der Interaktion mit vielen verschiedenen Menschen - und damit ist er sehr gut geeignet als Schulhund. Aber Blade ist auch stressanfällig - nach der Schule, nach den Interaktionen mit vielen verschiedenen Menschen muss er sich oft erst einmal "auspowern", um dann den Rest des Tages zu verschlafen. Oft wird er kurz vor den Ferien sehr "reizsensibel", bellt dann zum Beispiel abends im Dunkeln Leute an. Dann weiß ich, dass er eine Pause braucht und lasse ihn zu Hause, auch wenn Schülerinnen und Schüler (und Kolleginnen und Kollegen) dann unter Umständen enttäuscht sind. Und manchmal brauche auch ich eine Pause und möchte mal ohne Hund arbeiten. Aber nur zu Hause bleiben findet Blade auch nicht gut: Manchmal passiert es in den Ferien, dass er wildfremde Menschen auf der Straße um Interaktion anbettelt - man merkt also, dass ihm in den Ferien etwas fehlt. Als Frauchen und Schulhundführerin ist es also meine Aufgabe, ihn gut zu beobachten und entsprechend seiner Bedürfnisse einzusetzen oder eben auch einmal zu Hause zu lassen - dann ist auch Flexibilität in der Unterrichtsplanung erforderlich! Eines kann man aber sicher feststellen: Blade möchte eigentlich immer mit zur Schule. Und seine Freude an der Arbeit in der Schule überträgt sich nicht nur auf die Schülerinnen und Schüler, sondern macht auch mir Freude - und damit wirkt sich mein Hund eben nicht nur positiv auf die Schülerinnen und Schüler, sondern auch positiv auf mich aus (das fröhlich-popo-wackelnd-in-die-Schule-hoppsen überlasse ich allerdings ihm.)
Vielleicht. Man muss sehr genau überlegen: Trotz aller Arbeit, die es macht, überwiegen für mich die Vorteile ganz deutlich! Entscheidend ist aber auch, dass der Hund charakterlich und gesundheitlich geeignet ist und die Bedingungen in der Schule und in der Klasse stimmen. Aktuell verändert sich die Schülerschaft stark - wir arbeiten vermehrt mit Schülerinnen und Schülern mit sehr komplexen Beeinträchtigungen, der Anteil an Schülerinnen und Schülern mit psychischen Problemen hat während der Corona-Krise stark zugenommen und ist anhaltend hoch, dazu kommen die Schülerinnen und Schüler mit Fluchterfahrungen aus Krisengebieten, die auch erst einmal Deutsch lernen müssen. Darüber hinaus werden die Klassen immer größer - der Personalmangel macht sich bemerkbar. Man muss also schon stark auf sich selbst und auf seinen Hund achten - wann ist die Belastungsgrenze erreicht?
Ich hoffe, auf diesen Seiten konnte ein kleiner Einblick in die tiergestützte Arbeit mit Hund in der Schule gegeben werden.
Noch Fragen offen? Dann: